Glück ist kein Ziel, das wir direkt erreichen können – es ist eine Folge dessen, wie wir unser Leben gestalten. Viktor Frankl sagte einmal sinngemäß, dass Glück nicht angestrebt, sondern als Nebenprodukt eines sinnvollen Lebens erfahren wird. Doch was bedeutet das für unsere Bedürfnisse nach Sicherheit und Freiheit? Zwei Grundpfeiler unseres Lebens, die oft im Gegensatz zueinander stehen, aber untrennbar
miteinander verbunden sind. Jeder Mensch strebt nach einem sicheren Umfeld, nach Stabilität und Schutz. Gleichzeitig sehnen wir uns nach Freiheit, nach der Möglichkeit, uns zu entfalten, neue Wege zu gehen und unser Leben selbst zu bestimmen. Doch was passiert, wenn wir zu viel von dem einen oder zu wenig von dem anderen haben? Und wie unterscheiden wir, was wir wirklich brauchen und was wir nur wollen?
Der Balanceakt zwischen Sicherheit und Freiheit – oder doch mehr?
Sicherheit gibt uns ein Gefühl von Beständigkeit. Ein sicheres Einkommen, ein Dach über dem Kopf, stabile Beziehungen – all das sind Dinge, die uns das Leben erleichtern und ein gewisses Maß an Gelassenheit ermöglichen. Doch Sicherheit kann auch zur Einschränkung werden, wenn sie uns daran hindert, Risiken einzugehen, uns weiterzuentwickeln oder neue Erfahrungen zu machen.
Freiheit hingegen ist der Raum, in dem wir uns entfalten können. Sie ermöglicht uns, Entscheidungen nach unseren eigenen Vorstellungen zu treffen, Neues auszuprobieren und Fehler zu machen. Doch zu viel Freiheit kann uns ebenso überfordern wie zu wenig Sicherheit. Wenn wir völlig auf uns allein gestellt sind, kann das Gefühl der Unsicherheit überwältigend sein.
Es geht jedoch nicht nur um eine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit – das Leben ist kein permanenter Balanceakt. Es verändert sich ständig, bietet neue Herausforderungen und Chancen. Glück entsteht nicht dadurch, immer in der perfekten Mitte zwischen diesen beiden Polen zu bleiben, sondern indem wir flexibel und bewusst auf Veränderungen reagieren. Mal brauchen wir mehr Sicherheit, mal müssen wir unsere Komfortzone verlassen, um neue Erfahrungen zu machen. Wer zu sehr auf eine dauerhafte Balance fokussiert ist, könnte die bunte Vielfalt des Lebens übersehen.
Bewusstsein und Momentane Haltung
Ein entscheidender Faktor ist das Bewusstsein für die eigene momentane Haltung. Oft sind wir uns gar nicht bewusst, ob wir gerade nach mehr Sicherheit oder nach mehr Freiheit streben. Unsere Wünsche und Bedürfnisse sind stark von unserer aktuellen Lebenssituation und unserer inneren Einstellung geprägt.
Befinde ich mich in einer Phase, in der ich Stabilität
brauche, weil gerade viele Unsicherheiten bestehen?
Oder ist es an der Zeit, mich aus einer festgefahrenen Situation zu lösen und Neues zu wagen?
Wie sehr beeinflussen äußere Umstände meine Entscheidungen und wie viel davon ist wirklich meine eigene Überzeugung?
Durch bewusstes Innehalten und Reflexion können wir herausfinden, welche Richtung für uns gerade stimmig ist. Indem wir achtsam mit uns selbst umgehen, können wir bessere Entscheidungen treffen und unser Leben in eine Richtung lenken, die sowohl Sicherheit als auch Freiheit in einer gesunden Mischung hält.
Wollen oder Brauchen?
Hier kommen zwei weitere Begriffe ins Spiel: Wollen und Brauchen. Wir wollen oft mehr Freiheit, aber brauchen eine gewisse Sicherheit. Oder wir wünschen uns Sicherheit, aber brauchen gleichzeitig die Freiheit, unser eigenes Leben zu gestalten. Unsere Gesellschaft vermittelt uns ständig neue Bedürfnisse, die sich manchmal als bloße Wünsche entpuppen.
Wir wollen finanzielle Unabhängigkeit, aber brauchen vielleicht eher Stabilität im Alltag. Wir wollen reisen und die Welt entdecken, aber brauchen möglicherweise eine feste Basis, um uns sicher zu fühlen. Es ist wichtig, sich diese Unterschiede bewusst zu machen und zu hinterfragen: Ist das, wonach ich strebe, wirklich notwendig für mein Wohlbefinden? Oder jage ich einem Wunsch nach, der mich letztlich nicht zufriedener macht?
Zu viel von und zu wenig von
Was passiert, wenn wir von einer dieser Komponenten zu viel oder zu wenig haben?
Zu viel Sicherheit: Wer sich nur auf Sicherheit konzentriert, läuft Gefahr, sein Leben in einer Komfortzone zu verbringen, in der wenig Wachstum passiert. Ohne Herausforderungen oder Veränderungen kann das Leben eintönig und starr werden. Zu viel Sicherheit kann uns träge machen und die Fähigkeit nehmen, mit Unsicherheiten umzugehen.
Zu wenig Sicherheit: Wer sich ständig im freien Fall befindet, kann kaum ein solides Fundament für die Zukunft aufbauen. Ein Leben voller Unsicherheiten – sei es finanziell, emotional oder beruflich – kann auf Dauer enorm belastend sein. Das Fehlen von Sicherheit führt oft zu Ängsten, Stress und der Unfähigkeit, langfristige Entscheidungen zu treffen.
Zu viel Freiheit: Grenzenlose Freiheit kann zu Desorientierung führen. Wenn alles möglich ist und wir keine klare Richtung haben, kann das überwältigend sein. Entscheidungen werden schwieriger, und die Gefahr besteht, dass wir uns verzetteln oder nie wirklich ankommen.
Zu wenig Freiheit: Wer in einem
Korsett aus Regeln und Verpflichtungen lebt, kann das Gefühl bekommen, sich selbst zu verlieren. Wenn jeder Schritt vorgegeben ist, bleibt wenig Raum für Kreativität, Selbstbestimmung und persönliches Wachstum.
Die richtige Mischung finden
Jeder Mensch hat ein individuelles Bedürfnis nach Sicherheit und Freiheit. Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, wo die eigene Balance liegt und wie man sie aktiv gestaltet. Ein paar Fragen, die helfen können:
Was gibt mir Sicherheit? Ist diese Sicherheit real oder nur eine Illusion?
Wieviel Freiheit brauche ich wirklich, um glücklich zu sein?
Verzichte ich auf Möglichkeiten, weil ich mich zu sehr nach Sicherheit sehne?
Erstickt mein Sicherheitsbedürfnis meine Freiheit oder andersherum?
Welche meiner Wünsche sind tatsächlich Bedürfnisse?
Wie beeinflusst meine momentane Haltung meine Entscheidungen zwischen Sicherheit und Freiheit?
Sicherheit und Freiheit sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Wer sich zu stark auf eine der beiden konzentriert, riskiert, den Blick für das Ganze zu verlieren. Das Leben ist ein ständiger Wechsel zwischen diesen Polen – und vielleicht liegt genau darin die wahre Kunst des Lebens: nicht nur eine Balance zu suchen, sondern auch die Vielfalt der Veränderungen zu akzeptieren und mit ihnen zu wachsen.